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Wohnhaus Falkengasse, Brugg/AG

Das Wohnhaus liegt in der Altstadt von Brugg, unmittelbar über der Aareschlucht. Seine Fundamente reichen bis ins 14. Jahrhundert zurück.

Wände und Decken waren über Jahrhunderte Schicht um Schicht überdeckt worden – Anstrich über Anstrich, Täfer auf Täfer, Pavatex, zuletzt ein kunststoffvergüteter Abrieb auf Gipsplatten. Was als sanfte Oberflächensanierung begann, führte schliesslich zum Rückbau sämtlicher Schichten bis auf das rohe Bruchsteinmauerwerk.

Bei den Böden gingen wir vorsichtiger vor: Zu schief lagen teilweise die tragenden Decken darunter – vermutlich eine Folge der Absenkung der Grundmauern auf dem Felsen. Eine Lage Laminat und Holzwerkstoff wurde entfernt, eine ausgleichende Schicht Riemen, die die starken Schrägen überbrückte, behielten wir. An mehreren Stellen musste das marode Gebälk umfassend ausgebessert werden – nicht selten wunderten wir uns, dass die Tragfähigkeit der Konstruktion trotz aller, wohl unwissentlich vorgenommenen Schwächungen, erhalten geblieben war.

Während auf der östlichen Seite eine Brandmauer das Gebäude von der Nachbarparzelle trennte, offenbarte sich auf der anderen eine enge Verflechtung mit dieser. Die Wohnräume überschritten die Parzellengrenze wechselseitig – eine brandschutztechnische Trennung fehlte hier gänzlich, sehr zur Überraschung auch des Nachbarn.

Dank eines liegenschaftsübergreifenden Scans entdeckten wir im Obergeschoss einen bislang unbekannten Hohlraum. Diese unerwartete Freifläche nutzten wir später, um ein bestehendes WC zu einem Badezimmer zu erweitern.

Der Schwerpunkt unseres Eingriffs lag im Inneren; die ebenfalls sanierungsbedürftige Aussenhülle stellten wir zurück. Wie bei mittelalterlichen Gebäuden üblich, sind die Räume eher tief, niedrig und die Fenster klein. Wir beschlossen, in jeden Raum Licht von zwei Seiten einzubringen – mittels Innenverglasungen, Durchreichen oder einfachen Lichtöffnungen in Türen. Das Ergebnis ist ein spürbarer Gewinn: In jedem Raum zweiseitig Tageslicht zu sehen, täuscht geschickt über die tatsächliche Helligkeit hinweg.

Im Erdgeschoss formulierten wir eine grössere Eingangshalle mit einem Tonplattenboden – in einem Altstadthaus, das weder Vordach noch Windfang kennt, eine wertvolle Geste. Die Küche aus den 1990er-Jahren blieb erhalten; wir ersetzten lediglich den Bodenbelag und die grünen Glasrückwände.

Auf das rohe Bruchsteinmauerwerk brachten wir einen bis zu acht Zentimeter starken Dämmputz auf mineralischer Basis (HAGA Biotherm) auf. Die neuen Innenwände bestehen aus einer Holzständerkonstruktion mit holzfaserarmierten Lehmplatten (HAGA D22) und wurden mit einem Lehm-Kalk-Deckputz (HAGA) beschichtet.

Der Dämmputz erhöht die Oberflächentemperatur der Aussenwände deutlich und halbiert die Energietransmission. Die Lehmplatten tragen mit ihrer hohen Wärmespeicherfähigkeit zu einem ausgeglichenen Raumklima bei. Beide Materialien wirken zudem stark feuchtigkeitsregulierend – ein wesentlicher Beitrag zur Behaglichkeit und Langlebigkeit des Hauses.


Auftraggeberin
Privat

Erbrachte Leistungen
Gesamtleitung, Architekt:in, Bauleitung

Mitarbeit
Lisa Stango, Sascha Rezzonico, Anouk Zaug, Jessica Wälti

Fachplanende
Brandschutz: Conti Swiss AG, Solothurn

Realisierung: Oktober 2024 bis Juni 2025